1564 – 1616 England
In Übersetzungen von:
Emil Wagner
I.
Hat deines Himmelsaugs
Beredsamkeit
(Der stets die Welt vergeblich
widersprochen)
Mich nicht bewegt, zu brechen
meinen Eid?
Doch straflos wird für dich
ein Eid gebrochen.
Ein Weib verschwor ich –
daraus folget nur,
Daß ich dich, eine Göttin,
nicht verschwor;
Du bist ein Engel, irdisch war
mein Schwur,
Und deine Huld beugt meiner
Sünde vor.
Mein Eid war Hauch, und Hauch
kann Dunst nur sein:
Drum, schöne Sonne, meiner
Erde Licht,
Ist er in dir, du sogst den Dunst-Eid
ein;
Wenn dann gebrochen – ist’s
mein Fehler nicht,
Und brech’ ich ihn – ein Thor
selbst wohl erkiese
Den Meineid, führt’ er ihn zum
Paradiese.
II.
Die süße Venus saß an einem
Bach,
Mit ihr Adonis, lieblich hold
und fein;
Sie stellt mit manchem
Liebesblick ihm nach, -
So blickt der Liebe Königin
allein.
Sie sucht sein Ohr mit
Mährchen zu verführen,
Sie lockt sein Auge, läßt
Verhülltes sehn,
Sie drückt ihn hier und dort,
sein Herz zu rühren,
Sie drückt ihn sanft! Wer
könnte widerstehn!
Doch, ob die Jugend noch in
ihm nicht spricht,
Ob er verschmäht, was sie zu
schenken dachte,
Den kleinen Tadler lockt der
Köder nicht,
Er scherzt’ bei jeglichem
Versuch und lachte.
Da fällt sie plötzlich auf den
Rücken hin –
Und er springt auf und flieht!
– Der Eigensinn! –
III.
Macht Liebe treulos mich, wie
soll ich Liebe schwören?
Nie hielt die Treue Stich, die
nicht der Schönheit schwor;
Doch bin ich treulos mir, dir
wil ich treu gehören,
Mein Sinn, mir eichenfest, war
dir ein schwankes Rohr.
Es wird die Wissenschaft dein
Aug’ zum Buch ernennen,
Das allen Reiz enthält, den
Kunst umfassen kann.
Wenn Kenntnis Endzweck ist,
genügt es, dich zu kennen;
Die Zung’ ist hochgelehrt, die
schön dein Lob ersann.
Wem du kein Wunder bist, deß
Geist ist schwach und blöde,
Daß ich dich rühm’, ist das,
was Gutes in mir ruht.
Zeus’ Blitzstrahl ist dein
Aug’, sein Donner deine Rede,
Die (nicht zum Zorn geneigt)
Musik und sanfte Gluth.
O, himmlisch wie du bist,
wirst du mir’s nicht verweisen,
Daß ich des Himmels Lob mit
ird’schem Wort muß preisen.
IV.
Die Sonne hatte kaum den Thau
getrunken,
Kaum stand der Hirt am
schatt’gen Zaun gelehnt,
Als Cypria, in Liebe ganz
versunken,
Erwartungsvoll sich nach
Adonis sehnt.
An einer Weide war’s, am Bach,
ein Ort,
An dem Adonis oft den Unmuth
kühlte;
Heiß war der Tag, doch heißer
sie, die dort
Nach seiner Ankunft glüh’nde
Sehnsucht fühlte.
Da kommt er plötzlich, wirft
den Mantel ab
Und steht, ein Nackter, auf
des Ufers Grün;
Her schaut die Sonne auf die
Welt hinab,
Doch sehnlicher die Königin
auf ihn; -
Da sieht er sie, und stürzt
hinein zur Stelle;
„O Zeus“, ruft sie, „o wär’
ich eine Welle!“
VI.
Geht mit Musik die Dichtkunst
im Verein, -
Und als Geschwister thun sie’s
sicherlich –
Groß muß dann zwischen uns die
Liebe sein,
Da du die eine liebst, die
andre ich.
Du freust dich Dowland’s,
dessen Cither innig
Das Herz bezaubernd, es in
Wonne taucht;
Ich freue Spenser’s mich, der
zart und sinnig
Den Geist entzückend, nicht
Vertheid’gung braucht.
Du liebst den melodienreichen
Klang.
Von Phöbus’ Laute, dieser
Königin,
Und wenn er selber anstimmt
den Gesang,
Dann fühl’ ich mir begeistert
Herz und Sinn.
Ein Gott ist beider Gott, wie
Dichter künden,
Ein Mann liebt beid’; in dir
sind beid’ zu finden.
IX.
Im Morgenschatten saßen traut
beisammen
Adonis einst und Venus. Diese
sprach
Von Mars’ Versuchen, seinen
wilden Flammen
Für sie, und was er that, das
ahmt sie nach.
„So“, rief sie, „hat der
Kriegsgott mich umschlungen,“
Und ließ ihn dann in ihren
Armen ruhn;
„So hat er oft den Gürtel mir
entrungen“,
Als ob der Knabe Gleiches
sollte thun.
„So“, rief sie, „preßt’ er oft
die Lippen mir“,
Und ihre Lippen zeigten, wie’s
geschehen, -
Doch als sie Athem schöpft’,
entschlüpft er ihr,
Und wollte nicht, was sie
gemeint, verstehen!
O daß mich doch mein Mädchen
herzt’ und küßte,
Bis ich vor ihrem Kuß
entfliehen müßte! -